Atemprobleme beim Prader-Willi-Syndrom
James Loker, M.D. Pediatric Cardiologist
PWSA (USA) 2003 Clinical Advisory Board Member
übers. Dr. Barbara Utermann
PWS AUSTRIA -Vorstand
Humangenetische Untersuchungs-u.Beratungsstelle Innsbruck
In einigen Artikeln der letzten Zeit wurde gezeigt, dass Personen mit Prader-Willi-Syndrom ein höheres Risiko haben für Probleme bei der Atmung. Besonders wurde in der letzten Zeit das Problem der zentralen Hypoventilation/Apnoe und der obstruktiven Apnoe bei Prader-Willi-Syndrom untersucht.
Einer zentralen Hypoventilation liegt eine verminderte Atemfrequenz oder Atemtiefe zugrunde, die besonders während des Schlafes auftritt. Dies führt üblicherweise zu Schläfrigkeit während des Tages und falls dies deutlich ausgeprägt ist, kann es zu erhöhtem Blutdruck in den Lungen kommen. Bei Personen mit Prader-Willi-Syndrom besteht hierfür ein höheres Risiko, da sie einen geringeren Muskeltonus, geringere Muskelmasse, ein Übergewicht und evt. verminderte Nervenreize, die das Atmen auslösen, haben. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass einige Menschen mit Prader-Willi-Syndrom eine geringere Atemtiefe und Atemfrequenz haben.
Zentrale Apnoe bedeutet, dass das Atmen während des Schlafes komplett aussetzt. Es gibt mehrere Studien, die zeigen, dass Prader-Willi-Syndrom Betroffene auf chemische Stoffe, die gewöhnlicherweise das Atmen anregen, anders reagieren. Die Bedeutung der Rezeptoren im gesamten Körperbereich sowie die Gegend des Gehirnes, die bei der Atmung beteiligt ist, werden derzeit untersucht. Die klinische Bedeutung der zentralen Apnoe wird weiter untersucht.
Es ist bekannt, dass die obstruktive Schlafapnoe (Obstruktion = Verschluß) bei Prader-Willi-Syndrom und anderen Syndromen, die mit einem verminderten Muskeltonus (sog. Hypotonie) einhergehen, wie z. B. Down-Syndrom, vorkommen kann. Man beobachtet sie bei ca. 2 % aller Kinder. Die obstruktive Schlafapnoe tritt auf im Schlaf, infolge eines Verschlusses in den Atemwegen kann jedoch keine Luft in die Lunge gelangen. Diese Obstruktion kann überall auftreten auf dem Wege der Atemluft von der Nase bis zu den Lungen. Menschen mit obstruktiver Schlafapnoe haben gewöhnlicherweise ein lautes Atmen und Schnarchen welches unterbrochen ist durch Phasen der Ruhe, in denen keine Atembewegung festgestellt wird. Unbehandelt kann eine obstruktive Apnoe zu schwerwiegenden Komplikationen, einschließlich Tod, führen.
Atemprobleme bei jungen Personen mit Prader-Willi-Syndrom, können auch durch einen chronischen Magenreflux oder eine Aspiration hervorgerufen werden. Obwohl PWS Betroffene meist nicht erbrechen können, wird dennoch ein Magenreflux beobachtet. Kleine Kinder mit chronischen Atemproblemen sollten daher dahin gehend untersucht werden. Personen mit obstruktiver Apnoe haben auch ein höheres Risiko, einen Reflux zu entwickeln.
Die Amerikanische Akademie für Kinderheilkunde hat kürzlich Richtlinien zur Diagnose und Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe entwickelt. Die Richtlinien besagen, dass alle Kinder, die schnarchen oder andere Symptome einer Obstruktion aufweisen, untersucht werden müssen. Der behandelnde Arzt sollte dann eine Schlafstudie veranlassen, wenn eine ausgeprägte Schläfrigkeit oder eine ausgeprägte Adipositas besteht oder aber bevor eine Operation durchgeführt wird. Bei den Personen, bei denen eine positive Vorgeschichte besteht, sollte ebenfalls eine Schlafstudie durchgeführt werden, mit der das Atemmuster, die Herzfrequenz, die Sauerstoffsättigung und die Atembewegungen erfasst werden. Wenn der Test positiv ausfällt, sind weitere Untersuchungen erforderlich um eine individuell abgestimmte Behandlung zu ermöglichen. Im ersten Schritt wird – so die Richtlinien – eine Tonsillektomie und/oder Adenoidektomie (Entfernung der Mandeln und/oder Polypen) oder eine CPAP (Continuous Positive Airway Pressure) vorgeschlagen, bei der während der Nacht eine Maske getragen wird um die Atemwege offenzuhalten.
Häufig kommen obstruktive und zentrale Apnoe gemeinsam bei einem Patienten vor. Wahrscheinlich ist dies bei den meisten Individuen mit Prader-Willi-Syndrom, die Atemprobleme aufweisen der Fall. Beide, obstruktive und zentrale Apnoe können durch eine Schlafstudie erkannt werden.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Personen mit Prader-Willi-Syndrom ein höheres Risiko aufweisen für Atemprobleme. Meist handelt es sich um eine obstruktive Apnoe. Falls ein Kind Zeichen einer obstruktiven Apnoe aufweist, sollte eine Schlafstudie durchgeführt werden. Welche Rolle die zentrale Apnoe bei Prader-Willi-Syndrom spielt, wird derzeit weiter untersucht.